25 Jahre Rodewischer Schachmiezen

Mit Freunden zärtlich schnurren – dem Gegner die Krallen zeigen

25 Jahre Rodewischer Schachmiezen - Vom Studentenklub zum Europapokal

Als am 2. November 1984 sieben junge Mädchen der FSG Wissenschaft Rodewisch zum Bahnhof pilgerten, um zu ihrem ersten Punktspiel nach Seiffen zu fahren, ahnten sie natürlich nicht, später als „Urschachmiezen“ in die Geschichte einzugehen. Wandern gewöhnt, verpaßten sie am Bahnhof Seiffen den Bus und mußten einige Kilometerchen nach Seiffen stiefeln. Am 27. Oktober 1984 fand es dann statt, das erste offizielle Punktspiel in der Regionalliga. Von Brett 1 bis 6 waren Kerstin Theis, Kerstin Nagl (heute Arnhold und Präsidentin des Vereins), Roswitha Preibsch, Marion Schneidenbach, Kathrin Gräber und Claudia Oehlckers (Anne Ehrlich kam am Sonntag zum Einsatz) angetreten, möglichst ehrenvoll zu bestehen. Nur Kerstin Nagl und Marion Schneidenbach, 14 und 15 Jahre alt, spielten aktiv Schach, die anderen fünf Spielerinnen waren Studentinnen und bestritten ihr ersten Punktspiel. Um so größer war die Freude, am Ende mit 3,5:2,5 den Sieg davongetragen zu haben. Natürlich wurde dieses Ereignis gebührend gefeiert, am Sonntag sollte noch ein 4:2-Sieg folgen. Dem Autor ist das Spiel von Kerstin Nagl noch in bester Erinnerung, da er beim Stand von 3:2 und hochgradiger Zeitnot das Grausen auf dem Brett, beide „stocherten“ fürchterlich, nicht mehr ertragen konnte, und den Saal verließ. Nach 5 Minuten kam die Erlösung: „Kannst reinkommen, Kerstin hat gewonnen.“ Die Zeit der grauen Haare hatte begonnen! Am Ende der Saison belegte die Mannschaft einen nie erwarteten zweiten Platz.

20 Jahre Rodewischer Schachmiezen - Vom Studentenklub zum Europapokal

Von links: Kathrin Gräber, Roswitha Preibsch, Kerstin Theis, Marion Schneidenbach, Kerstin Nagl, Anne Ehrlich, Claudia Oehlckers

Groß war natürlich auch die Freude an der Fachschule für Ökonomie, an der seit ihrer Gründung im Jahr 1957 Schach gespielt wurde. Höhepunkte waren bisher die Teilnahmen an Studentenmeisterschaft auf Bezirks- und DDR-Ebene. In den Jahren 1981 und 1983 gewannen Rodewischer Studentinnen den DDR-Mannschaftsmeistertitel. Nun nahm man auch am regulären Wettkampfbetrieb teil.

Nach dem glänzenden Einstand gelang es in den Folgejahren, die Nachwuchsverantwortlichen aus Mylau, Falkenstein, Waldkirchen und Auerbach zu überzeugen, eine gemeinsame starke Mädchen- und somit auch Frauenmannschaft aufzubauen. Die Früchte wurden 1989 eingefahren, sowohl die Jugend- als auch die Frauenmannschaft

Schachmiezen holten Jugend- und Frauenmannschaft

von links mit Kerstin Nagl, Ines Albert, Kerstin Lindner, Susanne Koch, Corinna Heinze, Anke Landsiedel, Sabine Gorzel

stiegen in die DDR-Liga auf. Außerdem zog 1989 die Jugendmannschaft bis in das DDR-FDJ-Pokalfinale ein und unterlag dort mit 2:4 der BSG Buna Halle-Neustadt.

Zwei weitere großartige Erfolge landete Kerstin Nagl 1990. Zuerst gewann sie den DDR-Studentenmeistertitel und belegte anschließend bei der Studentenweltmeisterschaft einen tollen 8. Platz.

Die Frauenmannschaft wurde kontinuierlich verstärkt und erkämpfte sich ohne Probleme für die Saison 1991/92 einen Startplatz in der neu geschaffenen 2. Bundesliga. Dort wurde eine grausige Saison hingelegt, zahlreiche Punkte verschenkt. Erst im letzten Spiel konnte der Klassenerhalt gesichert werden. Ab dem 22. November 1992 startete die Mannschaft unter dem Namen Rodewischer Schachmiezen und dem Slogan: „Mit Freunden zärtlich schnurren – dem Gegner die Krallen zeigen“. Zwischenzeitlich verstärkten drei polnische Nachwuchsspielerinnen, Juniorenweltmeisterin Kristina Dabrowska, Monika Bobrowska und Katarzyna Lewandowska, die Rodewischer Reihen. Ziel war der Aufstieg in die 1. Bundesliga. Am 14. März 1993 war es dann soweit. Der zum Aufstieg notwendige Punkt wurde gegen den SV Görlitz schnell eingefahren, die Aufstiegsfeier dauerte erheblich länger.

25 Jahre Rodewischer Schachmiezen

von links: Jana Wichert, Sabine Gorzel, Corinna Heinze, Colette Adler, Kathrin Fichtner, Coach Wolfgang Schwarzer, Kerstin Nagl

Ja, und nun gehören die Rodewischer Schachmiezen bereits zu den dienstältesten Vereinen in der Bundesliga. Dabei hing alles in der ersten Saison am 20. Februar 1994 im Spiel gegen den SC 1974 Bessenbach am berühmten seidenen Faden. Im Abstiegskampf mußten die Schachmiezen mindestens ein 3:3 erkämpfen, Bessenbach gewinnen. In einem dramatischen Kampf sicherte Kerstin Nagl in letzter Minute das rettende 3:3.

Sensationell verlief die Saison 1994/95, in der die Rodewischerinnen Deutscher Vizemeister wurden.

25 Jahre Rodewischer Schachmiezen - Vom Studentenklub zum Europapokal

von links: Katarzyna Lewandowska, Monika Bobrowska, Claudia Bartsch (Steinbacher), Martina Nobis, Kathrin Fichtner, Kerstin Arnhold

Als Belohnung gab es die Tickets für den erstmals ausgetragenen Europapokal der Frauen. In Nova Gorica (Slowenien) besiegten die Schachmiezen den Gastgeber mit 3:1, aber gegen den hohen Favoriten aus Kiew war beim 1:3 dann Endstation. Bei Kiew spielten damals übrigens die heutigen Schachmiezen Tatjana Vasilevich und Inna Janovskaja.

25 Jahre Rodewischer Schachmiezen - Vom Studentenklub zum Europapokal

von links: Martina Nobis, Kerstin Arnhold, Monika Bobrowska, Kathrin Fichtner, Anke Landsiedel

1997 konnten die Vogtländerinnen nochmals auf das Meisterschaftspodest klettern, als Platz 3 erkämpft wurde. Aber die ersehnte Deutsche Meisterschaft wollte einfach nicht gelingen. Aber nach zweiten Plätzen in den Pokal- und Blitzmeisterschaften waren die Schachmiezen endlich 1999 am Ziel ihrer Träume. In einem dramatischen Pokalfinale rang man den SC Leipzig-Gohlis nieder und holte (endlich) eine Deutsche Meisterschaft ins Vogtland.

25 Jahre Rodewischer Schachmiezen - Vom Studentenklub zum Europapokal

von links: Natalia Kieseleva, Anetta Günther, Claudia Steinbacher, Kathrin Fichtner

Nicht nur des Namens wegen genießen die Rodewischer Schachmiezen zwischenzeitlich Kultstatus. Sie richteten auch zahlreiche Deutsche Meisterschaften aus. Höhepunkt war sicherlich die Offene Deutsche Einzelmeisterschaft im Jahr 2000 mit Rekordteilnehmerzahl, die mit einem Rodewischer Doppelerfolg durch Tatjana Vasilevich und Inna Janovskaja endete.

Tatjana Vasilevich

Tatjana Vasilevich

Am 6. November 2004 starten die Rodewischer Schachmiezen in ihre zwölfte Bundesligasaison. Eine rasante, sicherlich einmalige Geschichte liegt hinter ihnen. Vom einstigen Studentenklub ist natürlich nichts mehr zu sehen, Weltklassespielerinnen geben sich nunmehr die Ehre, für Rodewisch zu spielen. Eins aber haben die tapferen Sieben von Seiffen, ohne die es die Rodewischer Schachmiezen nicht gäbe, und die Spielerinnen von heute gemeinsam – einen unbändiger Kampfgeist. Mit diesen werden sie auch locker die nächsten 25 Jahre überstehen .... Viel Erfolg - Schachmiezen!

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